Ein Leipziger Schriftsteller

Stacks Image 2
Wenn ich König wäre!
Robert Kraft zum 150. Geburtstag
3. Robert-Kraft-Symposium
12.-13.10.2019
Softcover | 280 S. | 96 Farbabbildungen | 86 sw-Abbildungen
18 € zzgl. Versand- und Verpackungskosten

September 2019
ausverkauft (April 2022)


Rezension von Gunnar Sperveslage (KMG-Nachrichten, März 2020)

Rezension von Horst Illmer (phantastisch! 77, Ausgabe 1, 2020)


Robert Kraft lebt! – Gedanken zum 150. Geburtstag

Am 3.10.2019 ist der 150. Geburtstag von Robert Kraft. Er wurde an einem Sonntagabend um 22:00 Uhr geboren. Seine Eltern waren sehr stolz auf ihren zweiten Sohn und annoncierten deshalb zwei Tage später im Leipziger Tageblatt und Anzeiger dieses Ereignis: „Die Geburt eines gesunden Knaben zeigen ergebenst an … Emil Kraft und Frau“. Robert entwickelte sich anders als seine Geschwister. Nachdem er eine Weile durch die Welt gestromert war, wurde er 1895 sesshaft und begann zu schreiben. Mit viel Fantasie und Imaginationskraft gesegnet, erlebte er immer neue Abenteuer am Schreibtisch, bis zu seinem Tod 1916.
In den vielen Jahrzehnten geriet er, wie schon aufgearbeitet, nicht zufällig in Vergessenheit. Mitte der 90er Jahre fanden mehrere Interessierte und Faszinierte (Peter Richter, Walter Mayrhofer, Walter Henle und Thomas Braatz) zusammen und bündelten ihre Kräfte. So entstand die Edition Braatz & Mayrhofer. Dort wurden die Kraft-Biographie „Unter den Augen der Sphinx“ von Henle und Richter und meine erste bebilderte Kraft-Bibliographie veröffentlicht. Fast nur in Zeitschriften erschienene, teils unbekannte oder rare Texte werden seit fast 20 Jahren in der Edition publiziert, die erst Walter Mayerhofer und später Ellen Radszat transkribierten.
Die stark erweiterte dritte Auflage der Robert-Kraft-Bibliographie 2017 zeigt mit vielen farbigen Abbildungen auf über 1.000 Seiten eindrucksvoll den Umfang des Werks von Robert Kraft.
Vor fünf Jahren kam Arnulf Meifert hinzu. Er lieferte 2018 mit seinem Buch „Robert Kraft – Avanturier und Selbstsucher“ den bisher ausgiebigsten und tiefgehendsten Beitrag zur Robert-Kraft-Forschung. Das Buch wurde u.a. in der Süddeutschen Zeitung vom 2.11.2018 besprochen. Das Fazit des rezensierenden Karl-May-Spezialisten Harald Eggebrecht: „Meiferts Expedition in den Kraft-Kosmos ist selbst ein imponierendes Dokument enormer Leselust. Sie erkundet alle Blickwinkel, aus denen Robert Kraft gesehen werden kann. Ob Religion oder Politik, Hypnose oder neue Physik, ob Dada, Film und Expressionismus oder Psychotherapie und Wiedergeburtslehren, mit allem scheint der Kosmos Robert Krafts untergründig verbunden zu sein.“
Ein weiterer Höhepunkt der Edition war 2017 das Erscheinen des Schlüsselromans „Erlebnisse eines dreizehnjährigen Knaben“. Schon allein dieser stark autobiografisch gefärbte Roman legte neben etlichen neuen Quellen eine Überarbeitung und Erweiterung der Kraft-Biographie von Henle/Richter (2005) nahe. Dieser wichtige neue Baustein für die Kraft-Forschung wird wohl zum 4. Robert-Kraft-Symposium erscheinen. Die seit 2016 stattfindenden Robert-Kraft-Symposien, ermöglicht durch die finanzielle Unterstützung des Kulturamtes der Stadt Leipzig, waren von großer Relevanz für die Wiederbelebung des verkannten Autors. Zu ihnen trugen u.a. bei: Thomas Braatz, Matthias Käther, Christoph F. Lorenz, Arnulf Meifert, Manfred Nagl, Achim Schnurrer, Bernd Steinbrink, Karlheinz Steinmüller. Für Abwechslung zwischen den wissenschaftlichen Vorträgen sorgten jeweils die mitreissenden Lesungen aus den Romanen Robert Kraft durch Arnulf Meifert, hier in der Funktion als Schauspieler.
Im vorliegenden Band wirft Matthias Käther einen Rückblick auf die zwei vorherigen Symposien. Er und Steinmüller haben ihre bisherigen mündlichen Vorträge zur Veröffentlichung aufbereitet. Steinmüller untersucht Kraft als Science-Fiction-­Autor im Kontext seiner Zeit an dessen Romanen „Die Nihilit-Expedition“ und „Die neue Erde“. Käther beschäftigt sich mit der Frage Wer ist Robert Kraft? an Hand von Rezensionen in der österreichisch-ungarischen Presse und sucht an Hand des Werkes von Richard S. Shaver nach einer Erklärung für das wankelmütige Publikum, das einen erst geschätzten Autor fast vergisst. Meifert wirft im längsten Beitrag einen humorvoll-kritischen Blick auf „Das höllische Automobil“, indem er die Panzerautomobil-Romane von Mader, von Puttkamer, Kraft vergleicht. Zum Auftakt der Abdruck des Interviews mit einem Nestor der „Kraftologie“, Walter Mayrhofer!
Auf dem 3. Symposium wird der Briefverkehr zwischen Arno Schmidt und Hans Wollschläger in Bezug auf Robert Kraft aufgeblättert von Arnulf Meifert; Ludwig Stimpfle beleuchtet deren Meinungen über die Leitung des Karl-May-Verlages. Matthias Käther untersucht die englischsprachige Massenliteratur um 1900 und den möglichen Einfluss auf Kraft. Dessen launiger Wunsch „Wenn ich König wäre!“ und seiner phantastischen Durchführung im gleichnamigen Roman geht Karlheinz Steinmüller nach.
Gerhard W. Bleymehl, ein Sohn von Jacob Bleymehl berichtet in einer Videosequenz über den Lieblingsautor seines Vaters, das ergänzt die mehrteilige Würdigung Jacob Bleymehls im Buch. Bleymehl besaß eine umfangreiche SF-Sammlung und hat die „Beiträge zur Geschichte und Bibliographie der utopischen und phantastischen Literatur“ verfasst und herausgebracht.
Achim Schnurrer erzählt, was der Autor und Zeichner des Comics „Octobriana“ mit Robert Kraft zu tun hat?
Und Arnulf Meifert wird wieder einen Kranz bester Auszüge aus Krafts Werken bieten.
Zusammenfassend könnte man also sagen: Robert Kraft ist heute lebendiger und präsenter als in den langen Jahrzehnten nach seinem frühen Tod. Das ist vielen Helfern zu verdanken, die im Hintergrund wertvolle Arbeit leisten, wie Robert Ciza, Uwe Hennig, Henning Hermann-Trentepohl, Mike Neider, Martin Schulz, Reinhard Rauscher, Peter Wanjek und Franziska Meifert.
Und natürlich nicht zuletzt den treuen Besuchern.
Besonderer Dank gilt wie immer dem Vorbereitungsteam Uta Braatz, Andreas Braatz und Anna-Sophie Seiring, ohne deren Bereitschaft eine solche Veranstaltung nicht möglich wäre.
Robert Kraft fantasiert bei der Beantwortung seiner rhetorischen Königsfrage weit in eine Zukunft, die heute in der Breite virtueller Wirklichkeiten bereits realisiert wird. Aber der Titel unseres Symposiums zielt auch auf etwas anderes: Was wäre sozusagen, wenn Robert Kraft so geschätzt würde, wie es seiner Qualität angemessen wäre? Immerhin war er ja mal der „Shakespeare der Kolportage“. Für uns Sammler und Genießer seiner Werke würde die Beschaffung der seltenen Originalausgaben nur noch schwieriger – und er hätte nichts vom allzu späten Ruhm. Also warum unsere erneuten Bemühungen, ihm den symbolischen Thronsessel zu verschaffen? Vielleicht verhält es sich damit wie bei der berühmten Bergsteigerfrage, warum man die Steinriesen bis in die Todeszonen beklettert. Die klassische Antwort: Einfach, weil sie da sind, weil sie im Weg stehen sozusagen. Und warum also unsere Anstrengungen um Krafts Kanonisierung? Nun, weil es einfach Spaß macht, diesem wunderbaren und doch verkannten Autor Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Und das heißt in der Welt der Literatur: für Leser und für Öffentlichkeit zu sorgen.
Beinahe hätten Arno Schmidt und Hans Wollschläger vor gut einem halben Jahrhundert diese Aufgabe bewältigt …
Mehrere Gründe verhinderten das: Neben den wohl zu Recht vermuteten Schwierigkeiten mit dem Inhaber der Rechte, dem Karl-May-Verlag, waren es (über die übliche zeitliche Überforderung hinaus) Arno Schmidts unentschiedene Haltung, die spezifische Beziehung von „Meister“ und „Schüler“ und die beteiligten Gefühle.
Für das Interesse Schmidts und Wollschlägers am Werk Robert Krafts gibt es reichlich Belege, nicht zuletzt Wollschlägers bibliographische Arbeit, die hier erstmals veröffentlicht wird. Was mag noch alles in den Nachlässen der beiden Kraft-Interessenten stecken? Hoffen wir also auf weitere Fundstücke …

Viel Freude und Erkenntnis beim
3. Robert-Kraft-Symposium!

Thomas Braatz